Zitate aus dem Film:

Dr. med. Hiob Prätorius

Das ist wohl mein Lieblingsfilm.
Er ist tiefgründig und spricht mir mit mehreren unkonventionellen Aussagen aus der Seele.
Gleichzeitig ist er unterhaltsam und überwiegend heiter - eine Kombination, die man nicht so oft findet.

Manche Kritiker nennen ihn eine seichte Komödie - und haben nur die Tiefgründigkeit nicht erkannt. Andere mögen denken, dass hier zu sehr eine heile Welt dargestellt wird. Naja, es ist ein Film, aber die Nachdenklichkeit kommt schon zu Wort.

Der Autor Curt Goetz hatte sich gewünscht, dass bei einer Neuverfilmung Heinz Rühmann die Hauptrolle spielen würde. Nach dem Tod von Curt Goetz 1960 ging dessen Wunsch fünf Jahre später in Erfüllung, also 1965 und das ist auch mein Geburtsjahr.

Professor Prätorius hält eine besondere Rede vor den Anatomie-Studentinnen (Bild: Minute 23:01 aus dem Film).


 
Hier also die Zitate:
Kursiv gedruckt sind die Zeit seit Anfang des Films und Erklärungen.
Fett gedruckt sind die besonderen Stellen
und normal einige Textstellen darum herum, die auch schön -
oder auch nur zum Verständnis hilfreich sind.

 
0:10:03
 
Alte Frau im Krankenbett: S'ist schlimm, wenn man alt wird, Herr Professor.
Dr. Prätorius: Doch nicht so schlimm, als wenn man nicht alt wird, Großmutter.

0:10:34
 
Alte Frau im Krankenbett: Ist Sterben schlimm, Herr Professor?
Dr. Prätorius: Nee, merks'te gar nicht.
Alte Frau im Krankenbett: Das glaub ich nicht.
Dr. Prätorius: Hast'e gemerkt, wie Du auf die Welt gekommen bist?
Alte Frau im Krankenbett: Nee.
Dr. Prätorius: Na also. Genauso wenig merks'te, wenn'de wieder verschwindest.

0:17:12
 
Dr. Prätorius: Alles in schönster Ordnung, kein Grund zur Beunruhigung
Patientin Violetta: Danke, Herr Professor
Dr. Prätorius: Sie werden sich alle zwei Monate mal anschauen lassen.
Patientin Violetta: Aber ... Sie haben doch gesagt, es sei alles in schönster Ordnung.
Dr. Prätorius: Ja, ja, in schönster Ordnung - wenn es ein Mädchen wird, wird es so hübsch werden, wie seine Mutter.
Was wünscht sich der Vater - einen Jungen oder ein Mädchen?
Patientin Violetta: Es hat keinen Vater.
Dr. Prätorius: Oh - das wäre ein biologisches Wunder erster Ordnung.
Patientin Violetta: Ich meine, ich bin nicht verheiratet.
Dr. Prätorius: Ich habe schon verstanden. Sie glauben gar nicht, wie hellhörig man hier mit der Zeit wird.
Warum heiratet Sie der Mann nicht?
Patientin Violetta: Er ist verheiratet und da habe ich ihn verlassen.
Dr. Prätorius: Aha ... (nachdenklich ... wieder klar) Warum brauchen Sie eigentlich einen Vater?
Patientin Violetta: Für mein Kind.
Dr. Prätorius: Na, das hab'n wir ja schon. Dazu brauch'n wir'n also nicht mehr. Und später, glauben Sie mir, sind Väter meistens nur im Wege. Väter haben etwas unberechenbares, bringen immer so ne Art Unruhe in den Haushalt.
Patientin Violetta: Jetzt wollen Sie mich zum Lachen bringen.
Dr. Prätorius: Natürlich will ich das.
Patientin Violetta: Es wird Ihnen nicht gelingen.
Dr. Prätorius: Schade

0:19:16 auf dem Flur
 
Patientin Violetta: Ich konnte noch nicht weg gehen. Seien Sie mir nicht böse, aber ich habe das Gefühl, dass ich Ihnen noch nicht alles gesagt habe.
Dr. Prätorius: Natürlich haben Sie nicht alles gesagt. Begleiten Sie mich?
Was wissen Sie, was das Schicksal mit Ihrem Kind vor hat? Vielleicht wird es Nobelpreisträger oder sonst eine berühmte Persönlichkeit. Das kann es doch alles werden, ohne dass Sie heiraten. Sind Sie schon einmal in einem Ferienort geblieben, wenn die Saison vorbei war?
Patientin Violetta: Nein, noch nicht.
Dr. Prätorius: Na sehen Sie. Stellen Sie sich vor Venedig im Winter, unter grauen Wolken, der windgepeitschte Canale Grande und Langeweile. Das ist die Ehe - Venedig im Winter.
Patientin Violetta: Das meinen Sie nicht ernst. Sie wollen mich nur trösten.
Dr. Prätorius: Natürlich will ich Sie trösten.

0:20:55 im Hörsaal
 
Dr. Prätorius: Und was machen Sie hier, Alena?
Studentin: Anatomie studieren, Herr Professor
Dr. Prätorius: Anatomie studieren ... und all die anderen jungen Damen studieren auch Anatomie?
Studentinnen: Ja
Dr. Prätorius: Ich kann mir auch nichts natürlicheres vorstellen ... na dann viel Spaß, Kinder.

Studentin:

Wollen Sie nicht Professor Speiter vertreten?
Kollege Dr. Klotz: Aber er ist ja gar nicht vorbereitet.
Dr. Prätorius: Lasst Euch nicht bluffen. Ich bin ja nicht unvorbereitet, aber ich werde die Rede, die hier zu reden wäre, nicht reden.
Aber ich möchte Euch etwas fragen. Sie wollen also einem dringenden Bedürfnis nachkommen und Ärztinnen werden - Kranke gesund machen, bravo! Das macht viel Spaß, solange die Patienten daran nicht sterben. Denn wo der Arzt ist, ist Krankheit und wo Krankheit ist, ist Tod. Ihnen ist schon das Wunder der Geburt entzaubert worden. Nun muss ich Ihnen leider noch die Poesie des Todes zerstören. Denn nichts majestätisches hat dieser Geselle. Kein Mittel ist ihm zu schlecht, keine Mikrobe zu winzig, kein Zufall zu läppisch. Nicht, dass wir ihn fürchten, aber - es ist unsere Pflicht als Ärzte, ihn zu hassen, von ganzem Herzen und von ganzer Seele. Wir dürfen nicht müde werden, ihn zu belauschen und ihm auf die Knochen-Finger zu klopfen. In seiner Gesellschaft werdet Ihr Euch Euer ganzes Leben lang bewegen müssen - und Ihr habt doch nur dieses eine Leben. Wisst Ihr überhaupt, wie schön die Welt ist?
Studentinnen durcheinander: Ja ...
Dr. Prätorius: Nichts wisst Ihr - gar nichts wisst Ihr. Ihr wisst etwas von Atombomben und internationalen Konflikten. Von Völkern wisst Ihr, die sich, um Heim und Leben zu schützen, Regierungen wählten - und dann haben sie ihr Heim zu verlassen und ihr Leben zu geben, um diese Regierungen zu schützen. Millionen junger Menschen, die nicht kämpfen wollen, bekämpfen Millionen anderer junger Menschen, die ebenfalls nicht kämpfen wollen. Und die Errungenschaften der Wissenschaft scheinen zu keinem anderen Zweck errungen zu sein, als um all dies Errungene wieder zu zerstören. Das ist die Welt von heute.
Aber kann das morgen nicht anders sein?
Leeuwenhoek entdeckte die Mikrobe im Wassertropfen, Pasteur den Erreger der Tollwut, Robert Koch den Bazillus der Tuberkulose. Und nach dem Gesetz, dass ein Mittel gegen eine Krankheit immer dann gefunden wird, wenn diese Krankheit ihren Höhepunkt erreicht hat, wenn sie schier unerträglich geworden ist, nach diesem Gesetz muss heute oder morgen die Mikrobe der menschlichen Dummheit gefunden werden!
Beifall  
  Und wenn es uns gelingt, ein Serum gegen die Dummheit zu finden, diese entsetzlichste aller ansteckenden Krankheiten, dann wird es im Nu keinen Hass und keine Kriege mehr geben, und an die Stelle der internationalen Diplomatie wird der gesunde Menschenverstand treten.
Die Studentinnen jubeln begeistert.  
Dr. Prätorius sehr nachdenklich: Die Dummheit tot - welche phantastische Perspektive - !

0:23:55
 
Dr. Prätorius: Nur in der Liebe, wo sie jedes Maß übersteigt, die Dummheit, da ist sie entzückend und liebenswert. Und damit sind wir wieder beim Thema, meine Damen, bei Ihrem Thema, denn Ihr Thema ist die Liebe, nicht die Anatomie.
Gelehrt sind wir genug. Was uns fehlt, ist Freude, was wir brauchen, ist Hoffnung, was uns nottut, ist Zuversicht, wonach wir verschmachten, ist Frohsinn. Denn wo sollen Eure Kinder die Frohnatur her nehmen, wenn Mütterchen Knochen zersägt?
Lachen  
  Darum, meine Lieben - bei allem schuldigen Respekt vor der Wissenschaft - helfen Sie uns, den Tod zu bekämpfen mit den Mitteln, die Ihnen Gott in den Schoß gelegt hat, mit der Gnade, neues Leben zu gebären. Bewahren Sie sich die Heiterkeit Ihres Gemütes für Ihre Kinder - und wenn es hier auch ein wenig altmodisch anmutet - kriegen Sie welche!

0:25:30 Auf Station
 
Patientin Violetta: Entschuldigen Sie. Ich habe eben Ihre Rede gehört ... und ich habe auch genau verstanden, was Sie sagen wollten, aber so einfach ist es nicht mit der Liebe, der Zuversicht, dem Frohsinn.
Dr. Prätorius: Hab ich gesagt, dass es einfach ist?
Patientin Violetta: Nein, aber bei mir ist es ganz besonders schwierig.
Dr. Prätorius: Na, auf dem Korridor werden wir mit Ihren Schwierigkeiten sowieso nicht fertig. Bitte ...
Dr. Prätorius: Nun?
Patientin Violetta: Es wäre ja alles nicht so schlimm, aber Sie kennen meinen Vater nicht. Er lebt auf dem Lande ...
Dr. Prätorius: Ist er so altmodisch?
Patientin Violetta: Sehr altmodisch. Man kann ihn auch nicht mehr ändern. Ich will es auch nicht - aber ich möchte ihm nicht weh tun.
Dr. Prätorius: Sagen Sie mal, worum geht es hier eigentlich? ... um Sie und Ihr Kind? ... oder geht es darum, einem altmodischen Herrn seine Gemütsruhe zu erhalten?
Patientin Violetta: Ich weiß nicht. Ich weiß auch keinen Ausweg. Dabei würde ich es so gerne behalten.
Dr. Prätorius: Sie werden es behalten. Vielleicht wünscht sich Ihr Vater ein Enkelkind und Sie wissen's gar nicht?

0:27:26
 
Dr. Prätorius: Schöner Beruf, was? Entweder es kommen Frauen, die Kinder wollen und keine kriegen oder umgekehrt.

0:52:09
 
Violetta: Weißt Du übrigens, dass Vater der felsenfesten Überzeugung ist, dass es Dir ernst sei mit der Suche nach der Mikrobe der menschlichen Dummheit?
Dr. Prätorius: Ich weiß gar nicht, mein Spatz, ob es mir nicht wirklich ernst ist.
Violetta: Hm.
Dr. Prätorius: Sieh mal, wenn man nach zwei Weltkatastrophen eine dritte plant, dann muss doch irgendetwas mit den Gehirnen der Menschen nicht in Ordnung sein.
Und heute, wo man in 88 Minuten um die Erde kreist und den Mond aus allernächster Nähe fotografieren kann, sollte man doch herausfinden können, was diese Verheerungen in den Menschenhirnen hervorruft. Hm?
Violetta: Hm.

0:58:46
 
Dr. Prätorius: Violetta gehört zu jenen Frauen, denen Gott in einer Sonntagslaune die Gabe verlieh, ihre Männer zum Lachen statt zum Weinen zu bringen.
Und damit sind wir wieder beim Thema, meine Damen und Herren: Wer mit Humor zu sterben verstünde, hätte die höchste Stufe erreicht.

0:59:48
 
Kollege und Freund Dr. Klotz: Ich finde das reizend, wie Sie auf seine Albernheiten eingehen.
Violetta: Ich hab einmal eine Predigt gehört, da sagte der Pfarrer am Schluss: Und lieber Gott, schenk mir die Gabe, mich an einem Scherz zu freuen. Gib mir genug Sinn für Humor, dass ich sehe, wie klein und nichtig die Dinge sind, um die wir uns sorgen. Amen

1:08:24 (nach dem Brief mit Vorladung zum Ehrengericht)
Dr. Prätorius: Na Spatz. Jetzt möch'st Du wohl gerne wissen, was der Ehrenrat von mir will.
Violetta: Was wirft man Dir vor?
Dr. Prätorius: Es gibt immer irgendetwas, was man einem vorwerfen kann. Ich würde manchen Leuten vorwerfen, dass man ihnen gar nichts vorwerfen kann. ... Zufrieden?
Violetta: Ja.
Ich bin nur ein bisschen ...
Dr. Prätorius: nervös ?
Violetta: ... aber das hat wohl einen natürlichen Grund.
Dr. Prätorius: Vielleicht den, der einmal kräftig schreien wird?
Violetta: Wie kräftig er schreien wird, werden wir im Sommer erfahren.
Dr. Prätorius: Im Frühjahr
Violetta: Im Sommer
Dr. Prätorius: Im Frühjahr mein Engel. Erinnerst Du Dich, wie Du sagtest: "Wenn ich es doch nur behalten könnte."? Ich wollt's auch gern behalten. Ich kann ja auch mal was wollen - zum Donnerwetter.
Violetta: Hiob ...

1:22:00 am Ende des Ehrengerichtes
Dr. Speiter: [...] Ihr Gatte ist beschuldigt, die Würde des Arztes verletzt zu haben.
Violetta: Nein, meine Herren, er ist nicht beschuldigt, weil er die Würde des Arztes verletzt hat.
Was man ihm nicht verzeiht, ist dass er mit Mitteln arbeitet, und zwar mit Erfolg, die in Apotheken nicht erhältlich sind - mit Methoden, die streberhaft nicht erlernbar sind, weil sie persönliche Fähigkeiten voraussetzen, von denen man wohl Proben, aber keine Prüfungen ablegen kann. Sie alle kennen seine Theorie von der Aufheiterung der Patienten. Humor, meine Herren, ist nicht erlernbar. Neben Geist und Witz setzt er vor allem ein großes Maß an Herzensgüte voraus - an Nachsicht, Geduld und Menschenliebe - und deswegen ist er auch so selten.
Rektor Nordhaus: Sie hätten Künstler werden sollen und nicht Arzt.
Dr. Prätorius: Ein Arzt, der kein Künstler ist, ist auch kein Arzt.
Violetta: Darf ich ihn jetzt mitnehmen? (zum Konzert, das er dirigieren soll)
Rektor Nordhaus: Sie dürfen, gnädige Frau.

 


Theaterstück 1934 geschrieben von Curt Goetz (1888 - 1960), 1950 für den Film adaptiert.
Dieser Spielfilm wurde 1964 gedreht und am 14.1.1965 in Hamburg uraufgeführt. Es ist die dritte Verfilmung.
In den Hauptrollen: Heinz Rühmann und Liselotte Pulver
Regie: Kurt Hoffmann

Es gab den Film mal bei YouTube. Inzwischen gibt es im Internet offenbar nur noch Trailer. Hin und wieder kommt er auch im Fernsehen. Wenn einem der Film gefällt, lohnt es sich aber wohl, sich dieses "Filmjuwel" auf DVD zuzulegen.

Anmerkungen:

Zur Rede von Dr. Prätorius vor den Studentinnen, 0:23:55 oben:
In einer älteren Textfassung heißt es: Nur in der Liebe, meine Lieben, wo die Dummheit jedes Maß übersteigt, da ist sie entzückend und liebenswert, und da sollen wir auch der Besiegten ein dauerndes Asylrecht gewähren.

Zur gleich danach folgenden Textstelle: Darum, meine Lieben - bei allem schuldigen Respekt vor der Wissenschaft - helfen Sie uns, den Tod zu bekämpfen mit den Mitteln, die Ihnen Gott in den Schoß gelegt hat, mit der Gnade, neues Leben zu gebären. Bewahren Sie sich die Heiterkeit Ihres Gemütes für Ihre Kinder - und wenn es hier auch ein wenig altmodisch anmutet - kriegen Sie welche!
Das mag für manche Leute provozierend klingen, aber Kinder zu bekommen ist tatsächlich ein Mittel, den Tod zu bekämpfen - wenn man es genau bedenkt, auf etwas längere Sicht sogar das einzige.

Was mir nicht so gefällt ist, dass es Dr. Prätorius an zwei Stellen im Film mit der Wahrheit nicht so genau nimmt - aber vielleicht bin ich da zu kleinlich?

Seite gegründet am 29. Dezember 2022
Letzte Änderung: 12. Februar 2024


Wolfram Zucker


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